"Einmal waren es 10, ein andermal 20, manchmal auch 30 Leute, die sich im Museum [Remai Modern in Saskatoon, Saskatchewan] versammelten. Insgesamt kamen 417 Menschen in diese Workshops. […] Einmal stellte ich die Frage, was Besucher von einem Museum denn erwarten. Einer sagte: 'I want to be welcomed.' Das ist mir geblieben. Er wollte also nicht die beste Kunstausstellung sehen oder berühmte Kunstwerke, sondern willkommen geheissen werden. Für mich ist das ein sehr wichtiger Input für jedes Museum. Ein anderer sagte: 'I want the Museum shows me why it does exist.'"
THOMAS HIRSCHHORN (aufgezeichnet von Christoph Heim): "Hier sein. Kaffee trinken Ein Buch lesen. Etwas produzieren." In: Der Bund, Dienstag, 15. Januar 2019, 27Mittwoch, Januar 16, 2019
Sonntag, Januar 13, 2019
"Dans vos viviers, dans vos étangs,
carpes, que vous vivez longtemps!
Est-ce que la mort vous oublie,
poissons de la melancolie?"
GUILLAUME APOLLINAIREcarpes, que vous vivez longtemps!
Est-ce que la mort vous oublie,
poissons de la melancolie?"
Aus: Le bestiaire ou Cortège d'Orphée, 1911
"Was ich habe, will ich nicht verlieren, aber
wo ich bin will ich nicht bleiben, aber
die ich liebe, will ich nicht verlassen, aber
die ich kenne will ich nicht mehr sehen, aber
wo ich lebe, da will ich nicht sterben, aber
wo ich sterbe, da will ich nicht hin:
Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin."
THOMAS BRASCH: Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin
https://www.youtube.com/watch?v=hR3SLSyPNn4
https://www.youtube.com/watch?v=hR3SLSyPNn4
Donnerstag, Januar 10, 2019
"Ahnen Sie, was Ihr Treibstoff als Schriftsteller ist? Ich habe mal Martin Walser interviewt. Er drehte den Spiess um und befragte mich, warum ich schreibe. Vierzehn Tage später wusste ich, was mein Hauptmotiv zu sein scheint: die Trennung meiner Eltern auf dem Höhepunkt des Krieges. Ich habe das nie verstanden. Diese beiden leichtsinnigen Menschen! Ich billige ihre Gründe nicht. Sie passten zueinander. Für ein Kind ist eine Scheidung wie ein Bombenangriff. Ich bin zeitlebens im Gange, sie wieder zusammenzubringen. Die sind schon lange tot, aber ich bin als Diplomat und Erzähler unterwegs und füge die Welt wieder zusammen, wie sie vor ihrer Trennung war.
Welche Gründe hatte die Trennung? Die Aussicht, in der nächsten Woche tot zu sein, befördert Entschlüsse. Mitten im Krieg hatten meine Eltern plötzlich die Idee, das Glück liegt woanders. Als Kind kann man sehr gut beobachten. Ich habe nie wieder so viel Glückssucher und Alchemisten ihres Lebens erlebt wie in der Kriegszeit.
Wo suchten Ihre Eltern das Glück? Meine Mutter war wie ein Abenteurer und nahm an, dass es in der Reichshauptstadt mit einem wunderbaren neuen Mann ein noch besseres Leben gebe als in der Provinzstadt Halberstadt. Mein Vater reagierte darauf wie Bajazzo in der Oper von Leoncavallo: Er kesselte sich in den Künsten ein.
Ist Ihre Mutter in Berlin glücklich geworden? Sie behauptete es, aber ich gestehe es ihr nicht zu. Ich bin ja ideologisch. Ich bin ja Patriot der Familie. Ich werde es bestreiten, dass sie glücklich wurde."
ALEXANDER KLUGE [im] Gespräch [mit] Sven Michaelsen: "Ich füge die Welt wieder zusammen, wie sie vor der Trennung meiner Eltern war". In: Das Magazin, 2018, N° 45, 29Welche Gründe hatte die Trennung? Die Aussicht, in der nächsten Woche tot zu sein, befördert Entschlüsse. Mitten im Krieg hatten meine Eltern plötzlich die Idee, das Glück liegt woanders. Als Kind kann man sehr gut beobachten. Ich habe nie wieder so viel Glückssucher und Alchemisten ihres Lebens erlebt wie in der Kriegszeit.
Wo suchten Ihre Eltern das Glück? Meine Mutter war wie ein Abenteurer und nahm an, dass es in der Reichshauptstadt mit einem wunderbaren neuen Mann ein noch besseres Leben gebe als in der Provinzstadt Halberstadt. Mein Vater reagierte darauf wie Bajazzo in der Oper von Leoncavallo: Er kesselte sich in den Künsten ein.
Ist Ihre Mutter in Berlin glücklich geworden? Sie behauptete es, aber ich gestehe es ihr nicht zu. Ich bin ja ideologisch. Ich bin ja Patriot der Familie. Ich werde es bestreiten, dass sie glücklich wurde."
Montag, Januar 07, 2019
"Die Tatsache, dass wir alle eigentlich wissen, auch wenn wir es nicht zugeben, dass wir hier auf dieser Erde nicht zuhause sind, nicht ganz zuhause sind, dass wir also noch woanders hingehören und von woanders herkommen, ich kann mir keinen Menschen vorstellen, der sich nicht, jedenfalls zeitweise, stundenweise, tageweise oder auch nur augenblicksweise klar darüber wird, dass er nicht ganz auf diese Erde gehört."
HEINRICH BÖLL im Gespräch mit Karl-Josef Kuschel, zitiert aus: ANGELIKA SCHETT: Des Menschen Traurigkeit. Bern : Hogrefe, 2017, 224