Sonntag, März 30, 2008

"Kosovo hat sich von Serbien abgespalten, und es ist unwahrscheinlich, dass es jemals wieder zu Serbien gehören wird. Das ist Tatsache, egal ob sie einem gefällt oder nicht. In Kosovo sind neunzig Prozent der Bevölkerung albanischer Herkunft, und obwohl wir wissen, dass die Kosovo-Albaner in manchen Fragen, die sich auf ihre Zukunft beziehen, uneins sind, gibt es einen grossen Konsens: Keiner von ihnen will, in egal welcher Form, in Serbien leben. [...] In Serbien ist das leider nicht der Fall. Im verzweifelten Versuch, die Unabhängigkeit Kosovos zu verhindern - und dies zu einem Zeitpunkt, da es für irgendwelche 'Korrekturen' ohnehin schon zu spät ist -, greift man zu rabiaten Mitteln und pathetischen Argumenten, von denen das am häufigsten und lautesten erwähnte jenes ist, dass Kosovo als 'Wiege' der serbischen Geschichte und Kultur eine hochemotionale, ja mystische Bedeutung zukomme. Und je weniger dieses 'Argument' für Aussenstehende zu begreifen ist, mit desto düsterer Entschlossenheit beharrt man darauf. [...] Wenn es uns nur gelänge, die weitum akzeptierte, atavistische Art und Weise unserer Wahrnehmung aufzugeben und modern zu denken. Wir könnten uns bemühen, die gegenwärtigen Geschehnisse als historische Notwendigkeit zu begreifen, egal wie schmerzlich dies sein mag. Vielleicht könnten wir auch begreifen lernen, dass unsere 'Wiege' nicht verloren ist, nur weil sie nicht im eigenen Land liegt."
VLADIMIR ARSENIJEVIC: Auf der anderen Seite des Spiegels. In: NZZ, 29./30.03.2008, B1.

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