Sonntag, Dezember 23, 2007

Die Stadt im Schnee

Es schneite in das Abendreich hinein.
Weil ich grad in Bewegung bin,
geh’ ich so durch die Strassen hin
und seh’ es silbrig-glitzernd schneien.
Einige gehen hübsch zu zweien
und sind dies Gute, Schöne längst vielleicht
gewöhnt, sie haben sich gewonnen und erreicht
und keines mehr vom andern weicht.
Doch manche wieder gehn allein
und sind in solchem Einsamsein
oft wen’ger einsam als die andern, die sich fanden
und sich für immer aneinanderbanden
und gern sich hie und da entwunden möchten sehn,
um locker durch die Stadt zu gehn,
denn Schnein erinnert an das lose,
prickelnde Sichentblättern einer Rose.

ROBERT WALSER: Die Gedichte. Zürich [etc.]: Suhrkamp 1986, 148.

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