Mittwoch, Juli 06, 2022

 "Die Furcht vor dem Verlassenwerden - und als Folge davon der Drang, die Menschen zu verlassen, von denen verlassen zu werden sie fürchtete - wurde zum Kennzeichen ihrer Persönlichkeit."
BENJAMIN MOSER über Susan Sontag. In: Ders.: Sontag : die Biografie. 1. Auflage. München : Penguin Verlag, [2020], 48
"Susan wurde der Eindruck vermittelt, das Leben der Mutter liege in ihren Händen, und Kinder in dieser Situation bemühen sich in der Regel verzweifelt darum, perfekt zu sein - Susan sei 'ungewöhnlich brav' gewesen, sagte ihre Mutter -, in der schrecklichen Furcht, dieser Verantwortung nicht gerecht zu werden. Im Bewusstsein seiner Unzulänglichkeit leidet das Kind eines Alkoholikers unter einem Mangel an Selbstwertgefühl, weil es, egal, wie überschwänglich es geliebt wird, immer den Eindruck hat, es versage. Unfähig, Liebe für selbstverständlich zu halten, wird es im Erwachsenenalter abhängig von der Bestätigung anderer - nur um sie zurückzuweisen, wenn es sie bekommt."
Ebd., 52
"Als Eltern für ihre Eltern dürfen sie [Kinder von Alkoholikern] die Sorglosigkeit normaler Kinder nicht ausleben. Und so legen sie eine frühreife Ernsthaftigkeit an den Tag. Doch wenn sie erwachsen sind, fällt die Maske 'ungewöhnlicher Bravheit' häufig, und es zeigt sich ein viel zu frühzeitig gealtertes Kind."
Ebd., 52-53
"Fremde in der eigenen Familie, verspürte sie keinen grösseren Wunsch, als zu entkommen."
Ebd., 53
"Doch obwohl sie versuchte, sich zu distanzieren ('ich hasse alles an mir - insbesondere alles Körperliche -, das ihr [der Mutter] gleicht'), die Verbindung, auch wenn sie sie leugnete, blieb bestehen."
Ebd., 55

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