Dienstag, Juli 05, 2022

"Die Medien belieferten jeden Einzelnen mit Bildern und Worten und nahmen ihm die eigene Erkundung und Erfahrung der Welt mehr und mehr ab. Sie schufen eine Scheinnähe der Wirklichkeit, die die entferntesten Dinge vertraut erscheinen liess und sie dadurch - mangels eigener Erfahrung - noch mehr entfremdete. [...] Zeit und Raum, die auch unseren eigenen Standpunkt definieren, verlieren dabei zunehmend an Bedeutung und machen auch die eigene Existenz beliebig, 'da es eben zur Struktur des In-der-Welt-Seins gehört, dass sich die Welt in konzentrischen Nähe- und Fernekreisen um den Menschen herum staffelt', schreibt Günther Anders. 'Und weil derjenige, dem alles gleichermassen nah und fern ist, derjenige, den alles gleichermassen angeht, entweder ein indifferenter Gott oder ein völlig denaturierter Mensch ist.'"
BORIS VON BRAUCHTITSCH: Kleine Geschichte der Fotografie. 3., durchgesehene und erweiterte Auflage. Ditzingen : Reclam, 2018, 152-153

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